Dieser Reiseabschnitt beinhaltet zunächst sehr viele Schneeflocken und Sturmböen, darauf folgt eine Marktanalyse bezüglich des Potentials für Fahrradtourismus in Venedig, bevor wir am Ende noch einmal erfahren können, was italienische Gastfreundschaft wirklich heißt.
3.Februar: in Salurn
Am nächsten Morgen erkunden wir das Dorf Salurn und erfahren schnell worum sich hier alles dreht: um die Ampel. Ganz egal, wohin man möchte, überall erhält man als erstes die Empfehlung „zuerst mal zur Ampel…“ zu laufen, dann geht es entweder nach links, rechts oder geradeaus. Die Ampel markiert den Fixpunkt des Salurner Universums, das schnell zu Fuß erkundet ist. Ebenso schnell erschöpft sich das gastronomische Angebot der Stadt. Am ersten Abend speisen wir im Speckkeller. Am darauffolgenden möchten wir etwas anderes testen, und eine alternative Routenempfehlung bringt uns – richtig, zunächst zur Ampel, dann geht’s erstmal in die entgegengesetzte Richtung weiter, und nach ein paar Gassen landen wir wieder vor demselben Restaurant.
Unter einem ähnlichen Problem scheinen die Salurner Senioren zu leiden, die ihren Tag in der einzigen Backerei des Ortes beginnen. Am Nachmittag wandert die Karawane weiter zur Eisdiele, bis am Abend der erwähnte Speckkeller zum sozialen Brennpunkt Salurns avanciert. Jeder scheint jeden zu kennen und nach 24 Stunden gilt das offenbar auch für uns: „Ihr seid die beiden verrückten Radler aus Bremen, richtig?“. Ja, ja, so ungefähr. Deutsch spricht hier am südlichsten Rand Südtirols eigentlich auch keiner mehr.
Am Abend erhalte ich die SMS eines Freundes aus der Pfalz: „Krass, Bayern hat schon wieder nicht gewonnen!“ Ich bin überrascht. Es ist ja wieder Fußball, das hatte ich schon ganz vergessen in den letzten zwei Wochen.
In der Nacht träume ich, wie ich völlig durchgefroren und abgekämpft vor einer Hotelrezeption stehe. „Haben Sie noch ein Zimmer?“ stöhne ich. „“Natürlich. Herzlich Willkommen“, antwortet die freundliche Dame hinter dem Tresen. „Ach, und wir erteilen auch kostenlos und blitzschnell Visa für Turkmenistan“. „Ernsthaft?“, stoße ich hervor. „Geben Sie mir zwei Visa, aber sofort. Bitte!!!“ Die Dame nimmt meinen Reisepass und einen riesigen Stempel. Diesen haut sie mit ungeheurer Wucht auf die erste freie Seite. Danach blättert sie weiter und wiederholt diesen Vorgang, bis der Pass komplett zugestempelt und somit völlig nutzlos geworden ist.
4. Februar: Salurn – Levico Terme
Strecke: 62km
Min. Höhe: 185 m, Max. Höhe: 542 m
Höhenmeter: 623 m
Es geht weiter. Wir verlassen Südtirol und den deutschen Sprachraum. Die erste Stadt nach Salurn begrüßt uns mit cremefarben getünchten Häusern und einem stolzen Campanile. Wir sind nun auch gefühlt in Italien angekommen. Das nächste Etappenziel ist Trento, eine Universitätsstadt mit immerhin 120.000 Einwohnern. Doch bevor es soweit ist, windet sich der Radweg, einer Formel1 Strecke gleich, in zahlreichen Biegungen an Gewerbegebieten und Möbelmärkten vorbei und gönnt sich und uns noch einen Abstecher zur Müllverbrennungsanlage, sodass wir spät und ausgehungert die Stadt erreichen. Diese bietet mit ihren prächtigen Palazzi und dem hohen Studentenanteil ein ganz anderes Bild. Beim Überqueren einer Brücke entdecke ich ein Gebäude behängt mit roten Laternen an der Front. Ein chinesisches Restaurant? Nett, Minxin freut sich, sind die meisten China-Restaurants in Italien doch um Längen besser als das, was wir so in Deutschland darunter verstehen. Und so bestätigt auch dieses Restaurant diesen Eindruck.
Nach der Mittagspause geht es hinauf auf 550 Meter. Das ist eigentlich kaum mehr als das Weserbergland höhentechnisch zu bieten hat. Hinter dieser beschiedenen Zahl verbirgt sich aber eine ordentliche Steigung, da Trento selbst nur noch auf 180 Metern liegt. Wir arbeiten uns durch die Trienter Vororte langsam nach oben. Unsere zahlreichen Pausen sind weniger der schwachen Kondition als dem unüberschaubaren Wirrwarr von Feldwegen, Sackgassen und Einfahrten geschuldet. Nach einem heftigen, aber kurzen Anstieg wartet mit dem Lago Caldonazzo noch ein echtes landschaftliches Highlight auf uns, bevor wir Levico Terme, das Ziel unserer heutigen Tour erreichen. Levico empfängt uns abweisend mit geschlossenen Restaurants und verriegelten Hotels. Irgendwann stehen wir vor einem kleinen Bed and Breakfast, doch auch hier will niemand öffnen. Als wir bereits aufgeben wollen, öffnet sich die Tür und ein älterer Mann erscheint, um einen entschuldigend klingenden Wortschwall über uns zu ergießen.
Beherrschen wir Italienisch? Nicht wirklich, ich habe zwar in der Schule - warum auch immer - ein Jahr lang Latein gelernt, doch leider kamen im Unterricht nur Göttersagen oder Kriegsepen dran. Die Tatsache, dass Gallien aus drei Teilen besteht oder Tarquinius Priscus die Zahl der Zenturien verdoppelte wird uns heute zu keiner Unterkunft verhelfen, geschweige denn durch Italien bringen. Mit der Zeit entwickeln wir aber gezwungenermaßen eine Überlebensstrategie, um unseren Absichten Nachdruck zu verleihen: den ganzen Monolog abwarten, Schlüsselwort identifizieren und dieses richtig interpretieren. In diesem Fall befindet sich der Besitzer der Pension offensichtlich noch im Zug nach Levico und kann unsere Zimmer erst in einer Stunde freimachen. Wir nicken: „Mangiare. Ritornado. Camere aperto“ – Essen, Zurückkommen, Zimmer offen – schlagen wir vor und setzen, damit es nicht allzu unhöflich wirkt, unser nettestes Lächeln auf. Der Mann grinst zurück. „Claro. No problem“. Diese Art der etwas minimalistischen, aber hocheffizienten Gesprächsführung wird sich in den nächsten Tagen bewähren. Wenig später im Restaurant möchten wir wissen was es mit „Carne d’Agnello“ auf sich hat. „Muuh?“ erkundige ich mich. Die Kellnerin schüttelt verneinend den Kopf: „Maah“. „Also: määääh?“, hake ich nach. „Si, meeeeeeh,“ kommt es zustimmend zurück. „Und cacciatore?“ möchte Minxin wissen. Vielleicht Ente? Die Kellnerin zeichnet eine unsichtbare Schrotflinte in die Luft, peilt das Ziel und setzt zum Schuss an. Ah, okay Jägerschnitzel. Geht doch.
Trento, die erste italienische Stadt liegt 30km hinter der Grenze Südtirols (o.m./l.), Lago di Levico (u.l.), unser Gastwirt ist begeisterter Sammler von VW- Oldtimern (u.m.)
5. Februar: Levico Terme – Venedig Mestre
Strecke: 125km (davon 37km mit Rad)
Min. Höhe: -2 m, Max. Höhe: 526 m
Höhenmeter: 281m
Öde Industriereviere, ein dahinrottender Güterbahnhof und schmuddelige Seitenstraßen? Richtig, wir befinden uns in Venedig, dem romantischen Ziel abertausender Touristen im Jahr. Genauer gesagt im Mestre, dem venezianischen Festland. Opern, barocke Paläste und Gondelfahrten gegenüber in der Adria, gesichtslose Wohnsilos und Hafenanlagen hier. Einheimische bezeichnen Mestre gerne als die „hässliche Schwester“ Venedigs, und trotzdem zieht es immer mehr Venezianer von den Inseln nach Mestre aufs Festland. Billigere Mieten und nicht zuletzt die besseren Verkehrsanbindungen und Jobs sind entscheidende Argumente für einen Umzug und sorgen für eine schleichende Entvölkerung des „eigentlichen“ Venedigs.
Auch wir sind hier gestrandet, obwohl alles etwas anders geplant war. Ursprünglich wollten wir die restlichen 160km nach Venedig von Levico aus in zwei Tagesetappen per Fahrrad zurücklegen. Doch der Winter machte nochmal ernst. Der zarte Schneefall am Morgen steigerte sich schnell zu einem ausgewachsenen Blizzard. Wie wir im TV erfahren, sucht ein Sturmtief Norditalien heim und wenig später wird der italienische Wetterdienst eine Unwetterwarnung ausgeben. Zunächst quälen wir uns noch durch den immer dichter werdenden Schnee, bis wir zur Einsicht gelangen, dass das alles keinen Sinn mehr macht. Die beiden verbleibenden Optionen lauten: hier anhalten und Pause machen oder den Zug nehmen. Minxin ist für die zweite Option, da wir ja bekanntlich ein paar Tage später aufgebrochen sind. Daher besteigen wir in Bassano, wo die Alpen Platz für die Po-Ebene machen sollten (wenn man etwas erkennen würde), den mit 10 Minuten moderat verspäteten Zug nach Venedig.
Die Fahrt verläuft ohne große Zwischenfälle, bis ein junger Herr erscheint und unsere Tickets sehen möchte. Ja, Tickets hätten wir, lässt uns der Mann wissen, doch leider seien diese nicht gestempelt. Das wäre in italienischen Zügen aber notwendig, sonst drohen 30 Euro Bußgeld pro Person. Zur Bekräftigung dieser These hält der Kontrolleur mir eine Plastikmappe entgegen, die mit deutscher Flagge versehen in deutscher Sprache unter anderem diese Regel erläutert. Minxin bekommt eine japanische Version mit roter Sonne auf weißen Grund vorgehalten. „Ich bin Chinesin“, erwidert diese. Kein Problem, sofort kommt eine weitere Plastikmappe mit dem rot-goldenen Sternenbanner der Volksrepublik China zum Vorschein, was den Schluss nahelegt, dass selbst ein Ureinwohner von den Aleuteninseln hier heute auf seine Kosten käme, würde er nur mit uns mitreisen und schwarzfahren.
Minxin probiert es mit asiatischen Verhandlungsgeschick. „Ja ich komme aus China. Und zwar aus Nanjing bei Shanghai“ „Kenne ich nur vom Namen her. Aber mein Bruder hat ein Jahr in Peking studiert. Muss echt interessant sein. Was er so erzählt hat.“ „Ja, wir fahren mit dem Fahrrad nach China“ „Echt, das ist ja klasse. Seit wann seid ihr denn unterwegs? Und wieviel Zeit habt ihr euch genommen?“
Nach 10 Minuten ist ein angenehmes Gespräch entstanden und niemand scheint sich mehr an den Anlass des Gespräches zu erinnern. Der Schaffner wünscht uns eine schöne Reise und verschwindet kommentarlos im nächsten Abteil. Irgendwie ist Italien cool.
Venedig empfängt uns mit Eisregen und grimmigen Sturmböen. Das ist nicht wirklich angenehm, gibt uns aber die Gewissheit, die bestmöglichste Entscheidung getroffen zu haben.
Im Hotel schlägt mir der Geruch von gekochten Reis entgegen, an der Wand grinst Mona Lisa und neben der Rezeption stehen rote Vasen, bemalt mit goldenen Drachen. Ein Hotel unter chinesischer Führung! Minxin besorgt noch ein paar Kleinigkeiten im Asia Laden, bevor wir den Abend bei Mapotoufu und Yuxiangrousi im Sichuan-Restaurant ausklingen lassen. Als wir das Restaurant verlassen, kommen uns ein paar italienische Teenager entgegen, die uns wieder daran erinnern, dass wir uns nicht in China befinden, sondern im Bahnhofsviertel von Mestre, der Chinatown Venedigs.
Winntereinbruch in Borgo (l.), Ankunft in Venezia Mestre (r.)
6. und 7. Februar: in Venedig.
Wir pennen aus, sortieren Fotos und kämpfen mit der wackeligen WLAN Verbindung. Das Wetter motiviert nicht wirklich, das Gebäude zu verlassen. Ich vertreibe mir die Langeweile, indem ich versuche mit dem Rezeptionisten den Preis für unser Zimmer neu zu verhandeln. Wie wir heute Morgen erfahren haben, ist ja bald Karneval in Venedig, und da müsste man die Preise für das Zimmer bekanntlich über Nacht um 50% anheben. „Nein, will ich nicht, weil es ist zu teuer“, protestiere ich in meinem stümperhaften Lehrbuchchinesisch. „ich zahle nur 60 Euro. Heute und auch morgen“ Der Mann räuspert sich und erklärt entschuldigend, ich müsste doch verstehen, Karneval sei in Venedig halt etwas Besonderes, und Besonderes erfordere halt besondere Maßnahmen. Außerdem sei für heute eine chinesische Reisegruppe angemeldet und wir müssten in ein etwas schlechteres Zimmer umziehen. „Nein. Will ich nicht. Gestern habt ihr gesagt 60 Euro und heute ist es 85 Euro. Das ist zu teuer. Weil fast 50% mehr! Der Preis ist somit nicht zufriedenstellend. Und ich will nicht in schlechteres Zimmer umziehen.“, gifte ich zurück. In Hotels unter westlicher Führung, wäre mein Verhalten wahrscheinlich völlig indiskutabel. Mit diesem Chinesen aus der Nähe von Hongkong machen solchen Diskussionen aber einen Heidenspaß und ich glaube fest, dass es meinem Gegenüber ähnlich geht. Endlich mal wieder ein Westler, mit dem man verhandeln kann! Das Wortgefecht mündet in einem Unentschieden (ich akzeptiere den höheren Preis, dafür behalten wir unser Zimmer) und wenig später werde ich zu einer Partie Go bei grünem Tee eingeladen.
Den Nachmittag und den darauffolgenden Tag verbringen wir im „richtigen Venedig“ in der Lagune. Nachdem wir die Stadt bereits 2012 inklusive aller wichtigen Sehenswürdigkeiten besichtigt haben, verlegen wir uns diesmal auf die weniger besuchte Seite südlich des Canale Grande. Wir werden spontan von einer NGO eingeladen, einen Film über das Königreich Bhutan aus dem Jahr 1975 anzusehen und fahren später mit der Fähre Nummer 20 zu einer winzigen Insel, wo sich die venezianische Universität, und dementsprechend viele Studenten, jedoch keine Touristen befinden. Am Markusplatz ist die Hölle los: drängelnde Touristenmassen reiben ihre Ellenbogen aneinander, während Karnevalisten in traditionellen oder ausgeflippten Kostümen versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Wir finden ein copertoloses Restaurant in der Nähe des Markusplatzes, stellen bei Erhalt der Rechnung aber etwas erstaunt fest, dass in diesem Fall ein 15% Servicezuschlag das eigentliche Coperto ersetzt. Der besagte Servicezuschlag ist irgendwo zwischen Wein und Spirituosen in kleingedruckter Schrift auf Italienisch dokumentiert. Das haben wir dummerweise übersehen, weil wir nur Mineralwasser bestellt haben. Ärgerlich, sowas. „Das kommt in den Blog!“ schreien wir ohne jede Verabredung im Chor. Mittlerweile hat sich dieser Satz zum Bonmot in jeder außergewöhnlichen Situation gemausert. In diesem Fall ist er als Drohung zu verstehen „Que?“ gibt sich der Kellner ungerührt „Welcher Blog denn überhaupt?“
niemals alleine und schon gar nicht während der Karnevalszeit: Venedig; in den Seitenstraßen läßt der Touristenstrom nach
8.Februar: Venedig Mestre – Caorle
Strecke: 75 km
Min. Höhe: -2 m, Max. Höhe: 65 m
Höhenmeter: 183 m
Für den heutigen Tag haben wir uns eine ganz besondere Verpflichtung auf den Banner geschrieben, nämlich Venedig per Rad zu erkunden und der Nachwelt somit wertvolle Ratschläge hinsichtlich der Erkundung der Lagunenstadt auf zwei Rädern zu hinterlassen.
Doch gleich am Bahnhof erleben wir eine böse Überraschung. Eine monströse Brücke aus Stein versperrt uns den Weg. Danach wird es nicht besser. Überall vermiesen uns Kanäle und Wasserläufe die Freude. Doch den Tiefpunkt markieren die Touristenmassen, die wie ein Mahlstrom die Gassen hinabwälzen. Wir sind empört. Fazit: Fahrradfahren in Venedig? Vergesst es lieber! Das Fehlen von markierten Radwegen und einem entsprechenden Werkstattnetz steht einer dynamischen Entwicklung des Fahrradtourismus derzeit (noch) entgegen.
Wir setzen mit der Fähre nach Lido über und gelangen nach einer weiteren Überquerung zum Punto Sabioni. Hier ist wieder alles erlaubt: Radfahren, Motorradfahren, Autofahren. Die Orientierung fällt nicht schwer, da Punto Sabioni am Ende einer langen Halbinsel liegt und der Weg hier nur nach Norden führt. Rasch steigt mir der Duft von salzigem Meerwasser in die Nase, Möwengeschrei hängt in der Luft, wir sind vom Meer umschlossen.
Wir erreichen den im Winter wie ausgestorben daliegenden Badeort Lido di Jesolo und radeln bis Caorle weiter. Auch dort tote Hose und alles dunkel. Unsere Augenpaare richten sich nach einigem Suchen instinktiv auf eine hell erleuchtete Kreuzung wo sich ein Restaurant befindet. Der Wirt erkennt sofort unsere Notlage und bietet uns ein Appartement an, das er im Sommer an Touristen vermietet. Ein Plasmabildschirmfernseher, an der Wand hängen Bilder von Schloß Neuschwanstein und selbst die Bedienungsanleitung des Bügeleisens ist in deutscher Sprache verfasst – hier kann Familie Gruber aus Gütersloh problemlos Urlaub machen. So auch wir, nachdem wir es geschafft haben, die Heizung in Gang zu setzen. Als einzige Option für das Abendessen verbleibt das Restaurant unseres Freund und Retters in der Not. Als wir die Speisekarte aufschlagen bemerken wir schnell, dass sich mit zunehmender Entfernung zu Venedig die Preise halbiert haben. Nicht nur das, man hat offenbar extra für uns einen gigantischen Oktopus an Land gezogen, und diesen zu einem Salat verarbeitet. Es entbrennt eine hitzige Diskussion zwischen Minxin und mir, ob man nur einige Teile oder alles am Oktopus essen kann, die Minxin erst nach Einschreiten des Kellners für sich entscheiden kann: ja, man kann alles essen, angeblich auch die Tuben.
Mestre mon amour (o.l.); Studie zum Fahrradtourismus in Venedig (o.m.); durch das topfebene Friaul gen Osten (Rest)
9. Februar: Caorle – Monfalcone
Strecke: 82 km
Min. Höhe: -4 m, Max. Höhe: 11 m
Höhenmeter: 133 m
Ein reiner Fahrtag, 80km lang geht es durch die fruchtbaren Ebenen Venetiens und Friauls bis an die slowenische Grenze. Keine Wolke am Himmel, rechts die dunkelblaue Adria, und linker Hand ragt der schneebedeckte Kamm der Südalpen auf. Nach zwei Tagen Sonne nonstop fühlen wir uns fast wie im Sommerurlaub, obwohl es im Februar auch in Norditalien nicht eben warm ist. Die Nächte bleiben frostig, am Tag klettert das Quecksilber dann aber deutlich über den Gefrierpunkt.
Die Städte scheinen wie ausgestorben, es passiert überhaupt nichts. Nur ab und an reißt uns das Bellen eines Hundes aus unserer Mittelstreifenhypnose.
In Monfalcone wollen wir am Abend Familie Miniussi besuchen. Nach einigen, mitunter etwas teuren Hotelübernachtungen ist heute mal wieder Couchsurfing angesagt. Wir erreichen bei Anbruch der Dunkelheit die Wohnung. Gerne bleibe ich in solchen Momenten unentdeckt, doch als ich vom Fahrrad absteige öffnet sich schon das Garagentor und drei nette Italiener treten aus der Tür. Gabriele, unser offizieller Host, bewohnt mit seinen Eltern, vier Hunden und einer Katze in ein großes Haus am Stadtrand. Die Eltern sind weitgereist und zeigen uns Fotos von Reisen in den Oman und Jemen. Nach 80km Radfahren ist uns aber erstmal nach Essen zumute. Nach der obligatorischen Wamrshower tischt man Brot, Schinken und Käse auf. Wir greifen sofort zu. Immer wieder bietet man uns noch mehr an, bis wir den letzten freien Winkel unserer Mägen ausgenutzt haben und kaum noch gerade stehen können. Schön, dass es euch geschmeckt hat, lässt man uns wissen. Dann könnte man jetzt die Vorspeise auftragen, denn das bischen Brot sei nur ein kleiner Snack zur Begrüßung gewesen.
Insgesamt werden sieben Gänge serviert, wobei die letzten vier jeweils aus einer Runde Grappa bestehen. Der Abend verläuft folglich wie schon in Peissenberg entsprechend unterhaltsam, sodass wir zufrieden und mit immer noch vollen Mägen um 23:00 Uhr ins Bett fallen.
die klare Sicht reicht bis zu den Alpen (o.l.); der Fiat 500 hat seine Kinder überlebt (o.r.); zu Gast bei Familie Minussi
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